Termin mit sich selbst
Hatten Sie schon einmal einen Termin mit sich selbst ?
– oder auch die Kunst, sich selbst auszuhalten …
In der ersten Führungskolumne im neuen Jahr, so lange Ihre guten Vorsätze noch frisch sind, beginnen wir gleich mit dem Thema Selbstführung. Geht es Ihnen auch manchmal so: Ein Termin jagt den nächsten, Besprechungen, Telefontermine, Reisen füllen den Kalender, es bleibt nicht einmal mehr Zeit, sich vernünftig vorzubereiten oder einmal durchzuatmen. Wir simsen, shoppen, mailen, googeln oder surfen und decken uns in der verbleibenden „Freizeit“ mit einer Vielzahl geplanter Aktivitäten ein. Zudem erreicht uns täglich eine Flut von Informationen. Nicht ein Projekt wird intensiv bearbeitet, sondern es sind drei oder vier auf einmal. Beruflich und privat sind wir immer mehr damit beschäftigt, diese Fülle aufzunehmen und zu verarbeiten. Viele Führungskräfte und Manager leiden unter Schlafstörungen, eine ausgewogene Ernährung und ausreichend Bewegung und ein so wichtiges Beziehungsleben bleiben „auf der Strecke“, während Sie ständig beschäftigt, unterwegs oder – sozusagen- auf der Flucht sind.
Doch nicht die äußeren Umstände, in denen wir leben, halten uns von der vordergründig so erstrebenswerten Lebensbalance ab, von der inneren Freiheit das zu tun, was uns wirklich wichtig ist. Es sind vielmehr wir selbst. Prof. M. Bordt schreibt in seinem Buch über „Die Kunst, sich selbst auszuhalten“, dass wir unsere inneren Fesseln erst kennen müssen, um sie dann wirksam lösen zu können.
Doch hier beginnen schon die Widerstände. Stellen Sie sich vor, Sie machten einen gut begleiteten Termin mit sich selbst, beispielsweise in einem achtsam begleiteten Retreat-Format. Es gibt kaum vordergründigen Lehrstoff wie in einem Seminar, ganz ohne Power Point, nur wohldurchdachte Angebote, sich einmal intensiv mit sich selbst zu befassen. Alle bereits aufgestauten unerledigten Aufgaben der Vergangenheit bleiben zunächst liegen. Könnten wir diese wertvolle Zeit nicht viel besser nutzen?
Die aktuelle Leistungskultur kommt unserer inneren Stimme des Einwandes entgegen. Zum Einen ist es in unserer Gesellschaft viel wichtiger, „im Außen“ etwas zu leisten, bleibende Werte zu schaffen, Aufgaben zu erledigen, als um sich selbst zu kreisen. Manchmal reift die Erkenntnis schon von selbst, dass die Kenntnis über das eigene „Betriebssystem“ u.a. bestehend aus den tiefen inneren Bedürfnissen, den wirklich wichtigen Werten, den inneren Antreibern, Glaubenssätzen und Überzeugungen erlaubt, mit mehr Achtsamkeit und Wirksamkeit durch das eigene Leben zu schreiten. Doch gleichzeitig kommen manche Befürchtungen hoch, auf welche verdrängten Themen, persönlichen Abgründe oder Ängste man auf diesem Weg stoßen könnte. Vielleicht erkennt man sogar, dass die Leiter, auf der man seit Jahren eifrig und emsig und mit einiger Anstrengung hochkrabbelt, an der falschen Mauer lehnt. Oder es wird deutlich, dass Entscheidungen im beruflichen oder privaten Leben anstehen, die alles andere als bequem sind oder mit erheblichen inneren und äußeren Konflikten behaftet sind.
Die Säge wieder schärfen und zu sich finden
Wenn die Säge von der hohen Belastung stumpf wird, können Sie entweder die Anstrengungen verdoppeln oder die Säge schärfen. Fürs Schärfen benötigen Sie allerdings etwas Zeit, die richtige Technik und die passenden Werkzeuge. Am besten ziehen Sie sich für kurze Zeit einmal mit sich selbst zurück – wir empfehlen dies unter kundiger Anleitung zu tun.
„Retreat“, also „Rückzug“, bezeichnet eine solche geplante körperliche
oder geistige Ruhepause. Sie findet in neuer Umgebung und außerhalb des
gewohnten (Arbeits-)Alltags statt. Im Englischen wird der Begriff
übrigens auch allgemein für Phasen von Entspannung oder Stressabbau
benutzt. Die Möglichkeiten sind vielfältig, es geht im Retreat häufig um
mehr Klarheit, mehr Gelassenheit, mehr Willen, mehr Muße, mehr
Bewegung, mehr Genuss und mehr Techniken für den Umgang mit sich im
Sinne von Selbstführung.
- Sie haben endlich einen geplanten Termin mit sich selbst, um sich in Ruhe Ihren eigenen wichtigen Themen zu widmen und mit etwas Abstand individuelle Lösungen zu entwickeln, damit es hinterher einfacher – und oft auch schneller geht.
- Sie lernen verschiedene Zugänge und Techniken für das „Loslassen“ kennen sowie einfache Wege zu mehr oder anderer Bewegung mit neuen Erfahrungen, die auf den Alltag übertragbar sind.
- Sie erkennen durch im Coaching erprobte Testverfahren mehr von Ihren inneren Werten, Antreibern, Bedürfnissen und Überzeugungen und lernen diese auf Ihre Themen anzuwenden. Die so erweiterte Introspektion ist gleichzeitig eine wichtige Kompetenz zur Selbstführung, die Grundlage jeder Führungskraft ist.
- Die erlangte Reflexivität und Flexibilität sowie Gesprächstechniken wie das „Reflecting Team“ können Sie zukünftig auch in Ihrem Business-Kontext anwenden.
- Es gibt die Gelegenheit zum intensiven Einzelcoaching.
- Bei aller Individualität – der Kontakt und der Gedankenaustausch mit anderen interessanten Menschen, die wie Sie sich Zeit für sich selbst genommen haben, bringt Sie auch persönlich weiter.
Anlass und Vorbereitung
Anlass für einen „Retreat“ ist oftmals die Erkenntnis, dass man sich mehr und mehr in den Anforderungen von Beruf und Alltag verstrickt oder ganz einfach einmal mit etwas Abstand Zeit für sich selbst haben möchte. Oft sind auch wichtige Veränderungen im Umfeld wie freiwilliger oder unfreiwilliger Jobwechsel, Beziehungsthemen etc. Grund für eine Auszeit, damit es nicht bald mit „mehr vom Selben“ weitergeht.
Es ist dann sehr wohltuend, aus der Distanz auf die komplexen
Gegebenheiten des Lebens zu blicken und mit neuen Perspektiven neue
Lösungen zu entdecken. Es geht häufig um folgende Fragen, mit denen man
sich im Vorfeld schon einmal befassen kann oder die ohnehin schon länger
im Kopf kreisen:
- Warum tue ich, was ich tue und was gibt meinem Tun Sinn?
- Wohin richte ich mich aus und was ist mir wirklich wichtig?
- Welche Entscheidungen stehen an, auch wenn sie unbequem sind?
- Wie aktiviere und mobilisiere ich meine eigenen Ressourcen in Körper, Geist und Seele?
- Wie kann ich meine Wirksamkeit noch weiter erhöhen?
In einem begleiteten „Retreat“, wie wir ihn als Coaches zweimal im Jahr in Himmelpfort bei Berlin durchführen, haben Sie viele Möglichkeiten, Ihre gewohnten Lebens- und Arbeitsmuster zu durchbrechen und eine exklusive Auszeit zu nehmen. Ein Rahmenprogramm, bestehend aus gemeinsamen Mahlzeiten, Bewegung, Coaching, guten Gesprächen und erholsamer Stille lässt Ihnen genügend Zeit, auch einmal ganz allein für sich zu sein und zu reflektieren – oder einfach einmal gar nichts zu tun. Die Themen der einzelnen Teilnehmer werden in der Gruppe nicht veröffentlicht und bleiben ganz privat. Bisher kehrte jeder Teilnehmer mit neuen Erkenntnissen und Fertigkeiten nach drei Tagen voller Lebensfreude zurück in den Alltag.
Die Zeit danach
Wichtig ist nach einem solchen „Business Retreat“, dass Sie nicht
gleich wieder in alte Muster zurückfallen. Achten Sie darauf! Nehmen Sie
sich aus dem „Retreat“ gute Erinnerungen und Gegenstände mit, die mit
den neuen Erfahrungen und Erkenntnissen verbunden sind. Bleiben Sie
gelassen, beobachten Sie erst einmal aus dem neuen Blickwinkel ohne zu
werten, anstatt alles gleich ändern zu wollen. Weil Sie sich weiter
entwickelt haben, verändert sich das Umfeld manchmal ganz von selbst.
Es ist an Ihnen, den ersten Schritt zu machen, verabreden Sie einen Termin mit sich selbst !
Dr. Stefan Drauschke, Januar 2014