Gönnen Sie sich mindestens einmal im Jahr eine Auszeit mit sich selbst!

Setzen Sie 2016 einen guten Vorsatz um:

Die Zeit vergeht für viele umso schneller, je älter sie werden – meint man. Ob das mit schwindender Produktivität oder mit einem eher immer praller gefüllten Aufgaben- und Verantwortungszettel zu tun hat, möge jeder für sich selbst entscheiden. Oft jedenfalls wird jeder Effizienzgewinn durch neue elektronische Helfer oder verbesserte Arbeitsprozesse dadurch zu Nichte gemacht, dass immer neue und vielfältigere Verpflichtungen entgegengenommen werden. Das Hamsterrad dreht sich auf diese Weise immer schneller und manche kommen an den Rand des Burnouts – oder darüber hinaus. Andere halten das ganze Jahr wacker die Stellung und dann, wenn es Urlaub gibt oder die Weihnachtszeit beginnt und die Verpflichtungen weniger werden, kommt der grippale Infekt mit allem was dazugehört und verordnet eine Zwangspause der anderen Art. Und bestenfalls ereilt Sie nur der grippale Infekt …

Die Zeit zwischen den Jahren dient den meisten dazu – gesund und fit oder angeschlagen – eine Art „Miniretreat“ durchzuführen, einmal innezuhalten und aus einer anderen Perspektive und Flughöhe auf das zu blicken, was war, was man erreicht hat und wovon man mehr und oder eher weniger im neuen Jahr haben möchte. Braucht man wirklich so viele Termine, erdrückt Sie die viele Verantwortung für Projekte, Budget und Mitarbeiter, ist ständige Erreichbarkeit das was man möchte und tatsächlich notwendig, erfüllt einen die Aufgabe und die Arbeit, passt das Umfeld noch, und wie steht es mit dem Privat-, Familien- und Beziehungsleben? Wir Menschen sind soziale Wesen und viele sagen, dass gute Beziehungen zu haben und zu pflegen ein ganz wesentlicher Faktor für empfundenes Lebensglück sei. Allerdings wissen wir auch, dass gerade die Zeit um Weihnachten und Neujahr häufig mit familiären Verpflichtungen, Terminen und Erwartungen so prall gefüllt ist, dass man meist nicht über das Formulieren von Fragen hinauskommt. Für den echten Kontakt mit sich selbst fehlt Zeit und Rückzugsmöglichkeit und die Antworten bleiben daher oft aus. Im Ergebnis gibt es vielleicht ein paar gute Vorsätze (weniger Arbeiten, mehr Sport, weniger Essen, mehr Zeit für die Kinder etc.), doch diese werden durch die Anforderungen und die Anker des Alltages und des Umfeldes häufig ziemlich schnell konterkariert. Im Ergebnis gibt es mehr vom Selben und die Vorsätze verblassen – oder man findet viele Gründe, warum das alles nicht geht oder jetzt keine Zeit ist für Veränderung.

Letztlich wohnen Regisseur und Produzent dieses „Theaterstücks unseres Lebens“, das wir auf den selbstgewählten Bühnen beständig und mit viel Einsatz aufführen, in der zumeist unbewussten Ebene unserer Werte, Glaubenssätze, Überzeugungen, (elterlichen) Antreiber und Einschärfungen. Hier wird entschieden, wie viel Anteil Drama, Leiden, Frust oder eher Lust, Freude und Spaß zur Aufführung kommen. Sie bemerken diese Mechanismen oft genug, wenn Sie aus eigenem Antrieb oder eher fremdbestimmt den Job wechseln oder Beziehungen beenden und neue beginnen, und nach einiger Zeit der Eingewöhnung feststellen, dass Sie vieles an das erinnert, was Sie von früher schon kannten und die Probleme oder Streitpunkte sehr an die vorhergehende Periode erinnern. Spätestens jetzt ist es Zeit daran zu denken, an sich selbst zu arbeiten. Sie produzieren die Wirklichkeit um sich herum in Ihrem Gehirn nach Verarbeitung der auf Sie einströmenden Sinnesreize (man nennt diesen Prozess im systemisch-konstruktivistischen Kontext auch Autopoesie). Daher wäre es ratsam, wenn Ihnen Dinge begegnen, die Ihnen nicht gefallen, zunächst nach dem eigenen Anteil zu schauen, der hier offenbar im Spiel ist. Wenn Sie wollen, dass andere sich verändern, dann müssen Sie zuerst sich selbst so lange verändern, bis Sie erhalten was Sie wollen – wenn Sie überhaupt wissen was Sie wollen. Genügend Menschen „ticken“ nach dem Denkprinzip „von weg“. Wenn Sie fragen, was im nächsten Jahr anders sein soll als im letzten, dann werden viele Dinge genannt, die nicht mehr sein sollen: nicht mehr so viel Arbeit, nicht mehr so viel Geschäftsreisen, nicht mehr so wenig Zeit mit den Kindern oder mit den Freuden, nicht mehr so viel essen, rauchen etc. In diesem Fall stellt sich die Folgefrage, was Sie stattdessen wollen.

Andere Menschen verfügen von vornherein über den Denkstil „hin zu“ und kommen direkt auf das, was Ihnen wichtig ist und welche Ziele sie verfolgen wollen. So zu denken ist einfacher und direkter, doch eben nicht jedem vergönnt.

Einen einzigen Vorsatz zu verfolgen wäre vor diesem Hintergrund sinngebender, nämlich wenigstens einmal im Jahr eine Auszeit mit sich selbst zu verabreden. Nehmen Sie sich Zeit für sich selbst, um den Dingen auf den Grund zu gehen, die Sie erfreuen und erfüllen, das wahrzunehmen was Ihnen wirklich fehlt, was stört, was unbedingt verändert gehört. Stellen Sie sich die Frage, wer sind die wichtigsten Personen in Ihrem Leben, die wichtigsten Beziehungen, die wichtigsten Ressourcen, die wesentlichen Referenzerfahrungen. Das sind Kernfragen des Lebens, vor allem wenn Sie sie nicht „einfach so“ stellen, sondern in gutem Kontakt zum oben benannten, eigenen „inneren Betriebssystem“. Nur dann werden die neuen Gedanken und Pläne mit den tieferen Ebenen Ihrer Persönlichkeit stimmig und erhalten von Ihnen eine echte Chance zur Umsetzung. Immer dann, wenn Sie sich in der bewussten Ebene Ziele setzen oder Vorsätze formulieren und immer wieder gegen „dieselbe Wand“ laufen, ist dies ein ernst zu nehmender Hinweis darauf, dass die bewussten Ziele und Wünsche mit den unbewussten und steuernden Ebenen Ihrer Persönlichkeit nicht übereinstimmen.  

Doch wie gelingt es, sich dieser so wichtigen eigenen, inneren Instanz zu nähern? Aus eigener Erfahrung lautet unsere Antwort, dass dies die typische Domäne des Coachings in all seiner Vielfalt ist. Da die angesprochenen unbewussten Ebenen auch dunkle Gebiete enthalten, wo Verdrängung den Durchblick verwehrt und alte, manchmal sehr alte Verletzungen und Ängste verborgen sind, funktioniert die Erkundung nicht ohne weiteres nur mit einem guten Buch oder eigenen Gedanken und Gesprächen mit Freunden und Partnern im Urlaub. Die Zugänge von echter Verarbeitung und Verdrängung sind so nahe beieinander, dass „es“ häufig den leichteren Weg wählt. Wenn es beginnt weh zu tun, verfügt man über hervorragende Abwehrmechanismen, um den wunden Punkt herumzukommen und ganz schnell das Thema zu wechseln.

Hier liegt der Nutzen einer professionellen Begleitung, die versiert und einfühlsam die richtigen Fragen stellt, oft ein Gespür für genau die Themen hat, die manchmal weh tun und doch weiter bringen und dabei nicht locker lässt, ohne zu weit zu gehen. Wir hatten während unserer eigenen, ersten Coachingausbildung das erste Mal echtes Coaching als Coachee erleben dürfen und schätzen gelernt. Man muss kein Problem haben, um sich einen Coach zu leisten. Es reichen offene Themen, zu erkundende Wahlmöglichkeiten oder anstehende Entscheidungen, um mit etwas Zeit für sich und kundiger Anleitung einen ordentlichen Schritt voranzukommen. Aus den verschiedenen Interventionen und Vorgehensweisen aus der Welt des Coachings haben wir vor vier Jahren unseren Business-Retreat entwickelt. Drei Coaches und bis zu 10 Teilnehmer verfügen über drei Tage Zeit und Raum, um mit Abstand vom Alltag und in wunderbarer Umgebung sich den hier genannten Fragen in gutem Kontakt zu sich selbst zu stellen (Drauschke, Drauschke, Schade, Führen im Wandel 2, S. 17-21). Wir integrieren in den Retreat vier Elemente, nämlich Gespräche und Coaching, Stille und Reflexion, Bewegung und Schnellkraft sowie Ruhe und Entspannung, die mit den vier Bildern symbolisch ausgedrückt werden sollen (Abb.1).

Abb.1: Die vier Elemente des Business Retreats

Was sich viele nicht vorstellen können ist, dass wir dabei komplett inhaltsfrei arbeiten. Niemals werden die Themen der Einzelnen in der Gruppe präsentiert oder behandelt, und doch verfahren wir nach einem klaren Prozesskonzept, damit jeder Teilnehmer ganz für sich von der Schärfung des eigenen Themas über eine Prozessphase zur Lösung und zu konkreten Maßnahmen gelangt. Das eigene Thema wird auf diese Weise zum roten Faden, auf den alle Erkenntnisse und Ideen während der verschiedenen von uns aufgeworfenen Fragestellungen und Interventionen zurückgeführt werden. Hierbei finden einerseits reichlich Perspektivwechsel und bewusste Überschreitungen der Komfortzone statt (mehr vom selben bringt mehr vom selben!), andererseits tragen individuelle neue Erfahrungen sowie beiläufige Gespräche in der Gruppe oder Einzelgespräche mit den begleitenden Coaches dazu bei, Antworten auf die Fragen zu finden, die tatsächlich einen Unterschied machen. Nur wenn die neuen Erkenntnisse für Sie auf allen Ebenen trag- und anschlussfähig sind, haben sie gute Chancen tatsächlich in die Verwirklichung zu gelangen.

Setzen Sie also nur diesen einen guten Vorsatz in 2016 um und gönnen Sie sich eine Auszeit für sich selbst, wenn Sie Veränderung und Klarheit wollen. Probieren Sie es einfach aus, und machen Sie den ersten Schritt!

Autoren:
Dipl. Vw. Pia Drauschke und Dr. med. Stefan Drauschke
(Klinik Markt inside, Januar 2016, Seiten 10-12) Für weiterführende Literaturhinweise stehen Ihnen die Autoren gern zur Verfügung, E-Mail: info@nexthealth.de