Die 7 Thesen für erfolgreiche Veränderung – Was Veränderung wirksam erfolgen lässt

Anlässlich unseres neuen Fachbuches „Changemanagement und Führung im Gesundheitswesen“ möchten wir Ihnen dessen Quintessenz, die von uns grundlegend überarbeiteten „7 Thesen für erfolgreiche Veränderung“ im Vorgriff auf die ausführliche Buchfassung hier gerne schon einmal vorstellen:

Kasten 1: Die 7 Thesen für erfolgreiche Veränderung

These 1: Die Veränderungskoalition schaffen

Nur wer über die notwendige Entscheidungskompetenz verfügt, den Rahmen, die Mittel und die Vorgaben für die anstehende Veränderung zu bestimmen, kann einen Changeprozess  steuern und umsetzen. Und nur wenn die Initiatoren der Veränderung gemeinsam an einem Strang ziehen und gewillt sind, Veränderungsziele zu definieren und auch gemeinsam umzusetzen, wenn sie sich als Change-Team verstehen und danach konsequent handeln, hat die  Veränderung auch bei den immer zu erwartenden Widerständen Aussicht auf Erfolg.

These 2: Für Irritation, Dringlichkeit und Emotion sorgen

J. Kotter ist überzeugt davon, dass nur Irritation und Emotion Veränderung eingefahrener Muster ermöglichen. Wenn man neue Ergebnisse möchte, muss man von ausgetretenen Wegen abweichen und neue gehen. Mehr vom Selben führt bekanntlich zu mehr vom Selben! Wachstum und Veränderung findet nur außerhalb der individuellen Komfortzone statt, während das Verlassen derselben häufig mit Ängsten und Hemmungen verbunden ist. Hierfür motiviert, Dinge haben zu wollen, die man nicht hat, oder loswerden zu wollen, die man nicht mehr haben möchte. Die wichtigsten Motivatoren für Veränderung finden Sie im Kasten 2.

Kasten 2: Die wirksamsten Veränderungstreiber und Motivatoren

These 3: Es braucht eine Strategie – Menschen entscheiden sich nur für etwas, das sie sich vorstellen können und das ihnen nützlich erscheint

Wenn Sie anstreben, dass Sie oder andere eine Entscheidung für etwas Neues treffen, dann sorgen Sie dafür, dass man sich das Neue tatsächlich vorstellen kann. Dabei ist es Ihre Aufgabe, den bisherigen Denkrahmen so zu erweitern, dass das Neue aus der Wahrnehmung der Betroffenen darin Platz findet und ein Einverständnis erfolgt. Es ist wichtig zu wissen, was der erwartete Nutzen ist,  bevor man eine Anstrengung in Kauf nimmt und sich mit der Veränderung arrangiert. Wenn das Konstrukt der neuen Wirklichkeit (=Vision und Ziele) gemeinsam und vorstellbar entwickelt worden ist und die Maßnahmen (Projekte und Roadmap) definiert sind, wie man dorthin gelangen wird, verfügt man über eine Strategie. Diese stiftet Sinn und Ordnung und allokiert Ressourcen auf die gewünschten Ergebnisse.

These 4: Transparenz, Konsequenz und Mitwirkung in einem „dualen Betriebssystem“ bilden die Metastrategie für erfolgreiche Veränderung.  

Transparenz und Konsequenz
Wenn Sie die Unterschiede zwischen den vereinbarten im Vergleich zu den erreichten Ergebnissen im Unternehmen transparent machen, verteilen Sie damit „rote und grüne Laternen“ unter den Leistungsträgern. Der Nebel lichtet sich und es wird allen deutlich, wer Ergebnisse produziert und wer eher nur redet oder sich bisher einfach nur bedeckt hielt. Niemand möchte auf Dauer und für alle erkennbar das Schlusslicht bilden. Gute Ergebnisse müssen Konsequenzen haben, schlechte auch. Instrumente für Gratifikationen, Boni und Sanktionen sind auch in kommunalen Unternehmen vorhanden, man muss sie nur anwenden.

Mitwirkung
Mitwirkung ist ein wesentliches Element erfolgreicher Veränderung und kann am besten in einem dualen zum „offiziellen“ Organigramm parallelen Betriebssystem organisiert werden, wie J. Kotter es beschreibt . Mitarbeiter mit partizipativer Führung nach dem „Top-Down-Bottom-Up“ Prinzip in die Entwicklung des Unternehmens zu involvieren, führt zu nachhaltigen, positiven Ergebnissen bei der Zukunftsgestaltung und der anschließenden Umsetzung. Mitwirkung bedeutet, dass die Führungskräfte und Leistungsträger eingeladen sind, innerhalb eines gegebenen strategischen Rahmens mitzugestalten, während die Geschäftsführung die Stoßrichtung und die Leitplanken vorgibt und die strategischen Entscheidungen trifft. Dieses parallele System bilden wir mit unserem systemischen Vierschichtenmodell® (K1 – K4) ab. Dabei steuert ein innerer Lenkungskreis (K1) den Change-Prozess und trifft die wesentlichen Entscheidungen im Sinne der Veränderungskoalition. Ein Strategieteam (K2) arbeitet inhaltlich in Workshops intensiv an Lösungen und Entwicklungen. Die Führungskräfte der Ebenen 1-3 sind im sogenannten K3 in die Entstehung von Zukunftskonzepten intensiv involviert und der K4 (das ganze System oder ein Querschnitt davon) wird vor allem in die Planung und Ausgestaltung der Umsetzung einbezogen. Um mit K3 und K4 arbeiten zu können, sind die von uns regelmäßig durchgeführten Großgruppenkonferenzen ein probates Mittel.

These 5: Dialogische Kommunikation ist der Veränderungstreiber

Wenn man die Kommunikation  in einer Organisation bzw. in einem System ändert, verändert sich auch die Organisation als solche. Wenn Sie wollen, dass andere ihr Verhalten oder ihre Kommunikation verändern, dann ändern Sie Ihr Verhalten oder Ihre Kommunikation so lange, bis Sie das Verhalten oder die Kommunikation vorfinden, die Sie für angemessen halten. Wir meinen dabei echte dialogische Kommunikation Sinne einer „Zweibahnstraße“.  Immer fühlen sich Mitarbeiter im Unternehmen zu wenig informiert, doch meist geht es um zu wenig Kommunikation im Sinne eines echten, wertschätzenden Dialoges.

These 6: Veränderung ist als Prozess zu steuern

Ein Veränderungsprozess benötigt ein Prozessdesign, das Partizipation nach dem Top-Down-Bottum-Up-Prinzip berücksichtig, die acht Schritte nach J. Kotter, Veränderungsmuster, strategische Kommunikation sowie Arbeit an Werten und Überzeugungen. Der passende Umgang mit Widerstand als Bereicherung ist dabei eine der treibenden Kräfte.  Gute Vorbereitung und Planung vor dem Start des Changevorhabens ist sehr wichtig. Es ist zu klären, wie viel Ressourcen und Zeit zur Verfügung stehen, mit wie viel Top-Down Unterstützung „von oben“ einerseits und mit wie viel Widerstand und Umsetzungshürden andererseits zu rechnen ist. Entsprechend dem PDCA-Zyklus (Plan-Do-Act-Check) sind Ziele, Meilensteine, Maßnahmen und  Ergebnisse gewissenhaft zu verfolgen und Steuerungsimpulse zu setzen. Folgendes sind die wesentlichen Erfolgsfaktoren für das Erreichen der gesetzten Ziele: Ein attraktives Zukunftskonstrukt, Dringlichkeit, die eigene Sicherheit, als Führungskraft das Neue zu erreichen und die präzise Planung des Changeprozesses. Dazu gehören wertschätzende Kommunikation und ausreichend Zeit für den Prozess mit seinen Phasen, der  Umgang mit Widerstand, ein gut funktionierendes Controlling während des Prozesses und ein gesundes Vertrauen in die verwendeten Methoden und nicht zuletzt in die gewählten Partner im Change.

These 7: Gute Führung ist die Voraussetzung für Erfolg

Die Führung im Change unterscheidet sich nur unwesentlich von der Führung in Unternehmen an und für sich, bei der es immer auch darum geht, mit den Mitarbeitern von einem vorhandenen „Ist“ zu einem definierten „Soll“ (Ziele) zu kommen. Führung hat immer etwas mit Führung von Menschen zu tun und mit dem Ausüben von Macht, denn Sie entscheiden als Führungskraft, wohin die Reise geht, wen Sie mit auf die Reise nehmen und wen nicht, wann und wie Sie Kontrolle ausüben und welche Konsequenzen Zielerreichung oder Zielverfehlung haben. Gleichzeitig stiften Sie Sinn und sollten Vorbild sein, damit Menschen sich freiwillig entscheiden, Ihnen zu folgen und Ihnen das Angebot unterbreiten, mit Ihnen die Reise in die neue, zukünftige Wirklichkeit tatsächlich anzutreten. Nur wem man folgt, der führt tatsächlich. Führung heißt auch, Bedingungen und ein Umfeld dafür zu schaffen, dass das Unternehmen wachsen und sich entfalten kann. Dazu gehört, dass die „richtigen“ Leute an Bord sind. Damit sind diejenigen gemeint, die mit Herz, Verstand und großem Einsatz dafür sorgen, dass das Unternehmen herausragende Leistungen vollbringen kann. Gute Führung bedeutet proaktiv zu sein, das heißt Partei für Aktionen zu ergreifen, während angemessene Reaktionen kurzfristig dort erfolgen, wo sie notwendig erscheinen. Übernehmen Sie die Verantwortung, es geht darum, die Dinge in die Hand zu nehmen und vorhandene Spielräume zu nutzen, anstatt viel zu reden. Bestimmen Sie das  Tempo für Veränderung, nachdem Sie erkannt und sich dafür entschieden haben, was zu tun ist. Konzentrieren Sie sich auf das Wesentliche und gestalten Sie die Umsetzung so einfach wie möglich.

Wenn Sie die in den sieben Thesen zusammengefassten Anregungen und Vorgehensweisen berücksichtigen, steigern Sie die Chance für gelingende Veränderungen erheblich, und zwar unabhängig davon, ob es sich um ein Changevorhaben oder um „normale“ Führung handelt, bei der es in der Regel auch darum geht, von einem „Ist“ zu einem gegebenen „Soll“ (Ziele) zu gelangen.

Pia Drauschke und Stefan Drauschke, Berlin im Juli 2016

Erschienen in: Klinik Markt inside, 14/2016 vom 18.06.2016, Seiten 11-13