Wenn die Feiertage zum Jahreswechsel vorüber sind und man zwischen den Jahren ungestört vom sonst vorhandenen Terminrummel ein wenig „klar Schiff“ machen konnte, dann ist es an der Zeit, sich über die Gestaltung der Zukunft zielgerichtet Gedanken zu machen. Dies geschieht immer noch am besten gemeinsam mit Ihren Führungskräften und Leistungsträgern in Form einer Klausurtagung, in der Sie auf anderer Flughöhe und entfernt vom geschäftlichen oder medizinischen Alltag aus der Vergangenheit lernen und zusammen Gedanken und Ideen zu Zielen und Plänen formen können. Das kostet Zeit und braucht die Überzeugung, dass sich der ganze Aufwand auch tatsächlich lohnt. Daher wollen wir einige aus unserer Sicht wichtige Aspekte zusammentragen, um Sie voll und ganz von der Sinnhaftigkeit von Klausurtagungen in Präsenz zu überzeugen.
Wichtig oder dringend?
Sie kennen sicher das bewährte Modell des „Eisenhower-Zyklus“ für besseres Zeitmanagement mit den vier Quadranten wichtig/dringend (Q1), wichtig(Q2), dringend (Q3) und nicht wichtig/nicht dringend (Q4, das ist der „Waste of Time-Quadrant) (Quelle: NextHealth GmbH).
Abb. Eisenhower-Zyklus
Sich einmal Zeit zu nehmen und zu reflektieren, was im vergangenen Jahr geschehen ist, was davon weitergebracht hat, welche Ziele erreicht wurden und welche nicht, die resultierende Ist-Situation zu bewerten mit Stärken und Engpässen und letztlich SMARTE Ziele für die nächste Periode abzuleiten, sei es mittel- oder/und kurzfristig, das gehört mit Sicherheit zu dem rechten oberen Wichtig-Quadranten. Das problematische daran ist, dass „wichtig“ nicht zugleich auch „dringend“ bedeutet, man kann jetzt gleich miteinander tagen oder später. Jedoch ist es empfehlenswert, frühzeitig im Jahr und gemeinsam in einer Klausurtagung in entspannter Umgebung diese strategische Arbeit zu leisten. Je mehr Sie sich als Führungskraft im „Wichtig-Quadranten“ aufhalten, umso weniger Feuerwehraktionen werden notwendig (Q1) und umso besser können Sie im Verlauf „wichtig“ von „dringend“ unterscheiden und damit sowohl effizienter als auch effektiver werden. Sie vermehren Fokus und Energie auf die wichtigen Themen Ihres Unternehmens und ermöglichen, aus der Vergangenheit zu lernen.
Im Unternehmen oder außerhalb?
Mehr vom Selben bringt bekanntermaßen mehr vom Selben. Zum einen sind wir alle in Denk- und Tagesablaufmustern verhaftet, die nur bedingt Neues generieren. Man spricht im Change von „Pattern Interrupt“ – der Musterunterbrechung – die die Gedanken im Kopf auf neue Bahnen lenken kann. Dies kann räumlich geschehen (anderer Seminarort), oder durch eine andere Sitzordnung oder durch die eine oder andere Intervention im Tagungsverlauf.
Gehen Sie auch davon aus, dass die Besprechungsräume in Ihrem Unternehmen durch zahlreiche erlebte Situationen im Rahmen von zu lösenden Problemen oder gar Krisen nicht immer nur positiv emotional besetzt sind, wir sprechen von „Ankern“. Es handelt sich dabei um Reiz-Reaktionsverknüpfungen auf emotionaler Ebene. Erinnern Sie sich, dass Sie in einer bestimmten Umgebung plötzlich zuerst ein Gefühl bemerken, das dann mit einer bestimmten Erinnerung verknüpft ist, und zwar umso stärker, je intensiver die damals in der Situation empfundene Emotion gewesen ist? Schon deswegen empfehlen wir Ihnen, die Klausurtagung in einem guten Hotel oder Seminarhaus durchzuführen. Hier sorgt eine entspannte und kreative Atmosphäre für einen klaren Kopf und neue Gedanken, während ein gutes Miteinander auch positive Anker generieren kann, die in der Zukunft das Leitungsteam besser zusammenhalten. Der inoffizielle gemeinsame Abend des ersten Tagungstages reflektiert häufig noch einmal die Ideen des Tages, die dann nachts im Schlaf nochmals verarbeitet werden. Dies ist bei der Ablaufplanung der Tagung zu berücksichtigen.
Unter sich oder professionell moderiert?
Erst kürzlich haben wir wieder einmal, nachdem bereits viele Jahre vergangen waren, mit einem Krankenhauschef gesprochen, den wir über einen längeren Zeitraum von über 4 Jahren regelmäßig bei seinen Klausurtagungen mit einem 11-köpfigen interprofessionellen Leitungsteam begleitet haben. Es war erstaunlich, wie viele Details und einzelne Situationen noch in Erinnerung waren und wie lebendig und emotional der Rückblick auf diese für ihn wichtige Zeit gewesen ist. Das Team wurde intensiv zusammengeschweißt, mancher Strauß gefochten und dabei entwickelte sich das Haus in seiner Region sehr erfolgreich. Das Leitungsteam hat das vollbracht, während wir in der Rolle des Prozessbegleiters verblieben sind.
Manchmal sind Führungskräfte der Ansicht, dass sie die Vergangenheit, die Inhalte und die Ziele, um die es geht, selbst am besten kennen und – auch, um Aufwand zu sparen – man lieber unter sich bleibt. Man glaubt, das fördert auch den Zusammenhalt der Gruppe und ein Externer stört bei diesem Teambuildingprozess nur. Wir sind hier auf Grund von zahlreichen Erfahrungen der letzten 20 Jahre anderer Meinung. In den letzten Absätzen klang schon durch, dass neben der reinen Inhaltlichen Bearbeitung (Was war?, Was ist?, Was soll sein?) die Planung und Vorbereitung, der Ablauf und die Struktur der Tagung für den Erfolg wichtig sind. Folgende Fragen stellen sich dabei oft, die für eine professionelle Begleitung sprechen: Was macht man in welcher Reihenfolge am Tag 1, was eher am Tag 2 nach Reflektion? Welche Fragen stellt man wann genau, um die Gruppe durch die Inhalte zu führen, das „Ist“ mit Metamodellfragen zu erkunden und auch durch systemische Fragen neues Denken zu ermöglichen? (Quelle: Drauschke/Drauschke/Schade: „Mit Fragen führen“. In: Führen im Wandel (2). 2015, S. 58 – 67. Heidelberg: medhochzwei Verlag GmbH). Wie kann man mit dem Halten des Fokus Verzettelung vermeiden oder das Verharren auf Themen, die zwar irgendwie interessant sind, jedoch nicht zielführend? Wie geht man lösungsorientiert mit Konflikten um, die sich im Verlauf in der Führungsgruppe zeigen können? Wie kann man erlebnisorientiert arbeiten und mit anschlussfähigen Interventionen positive und „merkwürdige“ Erlebnisse schaffen, die alle TeilnehmerInnen für lange Zeit im Kopf und im Herzen behalten? Wie gut kann ein geschulter Externer aus den Beschreibungen der Lernerfahrungen Verhaltensmuster und limitierende Überzeugungen erkennen, die – wenn man sie nicht auflöst oder ersetzt – auch die Zielerreichung in der Zukunft behindern werden? Wie viel besser kann sich die Geschäftsführung oder TOP-Führungskraft in die inhaltliche Diskussion einbringen, wenn sie nicht zugleich für die Moderation sorgen muss? Beides sind verschiedene Rollen – die des Moderators (manchmal im Konfliktfall auch Mediator) und die des Chefs.
Persönlich oder virtuell?
Die Covid-Situation hat uns gelehrt, dass es effektiv ist und viel Zeit sparen kann, wenn man sich digital trifft und in Videokonferenzen abstimmt. Das ist wahr und aus dem betrieblichen Alltag nicht mehr wegzudenken. Online können Sie im Wesentlichen Inhalte vermitteln. Die emotionale Ebene, die Verbundenheit mit Anderen fehlt weitgehend – und genau diese Verbundenheit ist wichtig, um gemeinsam Ziele zu erreichen und ein Team zu formen, das auch bei „Schlechtwetter“ zusammenhält und das Unternehmen weiterbringt. Ein Beitrag von PD Dr. Wolf (Rotary Magazin 1/2022, S. 24 – 25. Hamburg: Rotary Verlags GmbH) geht diesem Phänomen weiter auf den Grund mit Verweis auf den Stanford-Professor Hans Ulrich Gumbricht und seiner interdisziplinär prägenden Präsenztheorie. Danach hat das abendländische Denken im Laufe der Zeit ein Übermaß an Nachdenken, Analysieren und Deuten hervorgebracht (hypertrophe Hermeneutik) mit einer Marginalisierung der Bedeutung des Präsenzerlebens. Die Lösung besteht in einem gesunden Oszillieren zwischen Sinnkultur des rationalen Nachdenkens und einer Präsenzkultur mit unmittelbarem körperlich-emotionalen Erleben. In der räumlichen Unmittelbarkeit liegt die unabdingbare Basis für jedes menschliche Miteinander, das im digitalen Miteinander geradezu ausgeschlossen ist. Präsenz ermöglicht „Berührungen“ sowohl körperlicher als auch emotionaler Art und ermöglicht die Bildung von leistungsstarken Teams.
Wenn Sie sich nun alle Fragen auf Ihre Weise beantwortet haben, dann steht der Planung Ihrer nächsten ganz besonderen Klausurtagung nichts mehr im Wege. Wir freuen uns darauf, Sie dabei auf unsere Weise begleiten zu dürfen.
Pia Drauschke und Stefan Drauschke, Berlin im Januar 2022