(Wie) Kann man Mitarbeiter motivieren !?
Dieser Frage wird seit längerem kontrovers in der einschlägigen Literatur nachgegangen. Es gibt meterweise Bücher darüber, was und wie man Mitarbeiter motivieren könne. Manche wie R. Sprenger sagen, dass man Mitarbeiter nicht motivieren, sondern nur demotivieren kann. Eine Brücke baut M. Csikszentmihalyi in seinem bekannten Buch „Flow“ (Quelle: Csikszentmihalyi, M. (2010). Flow: Das Geheimnis des Glücks. Klett-Cotta Verlag.), nachdem es eher intrinsisch motivierte und eher extrinsisch motivierte Mitarbeiter gibt. Doch so oder so, dass die Einstellung und das eigene Verhalten als Führungskraft Einfluss hat auf die Leistungsfreude von Mitarbeitern ist sicher unstreitig. In dieser Kolumne wollen wir das Phänomen der Mitarbeitermotivation aus verschiedenen Quellen und eigener Anschauung noch einmal und wie immer praxisnah beleuchten.
Für die repräsentative Studie „Arbeitsmotivation 2016“ der ManpowerGroup Deutschland (Quelle: Bevölkerungsbefragung Arbeitsmotivation 2016, ManpowerGroup Deutschland) wurden mehr als 1000 Deutsche ab 18 Jahren befragt und wir wollen die Ergebnisse kurz zusammenfassen. Wie man schon erahnen konnte, motiviert Geld alleine nicht, der Stellenwert von Geld als Motivationsfaktor nimmt relativ zu anderen immer weiter ab. Für zwei Drittel der Berufstätigen sind nette Kollegen und interessante Arbeitsinhalte wichtiger als die Gehaltshöhe. „Einen gut bezahlten Beruf, der mich langweilt oder stresst, möchte ich nicht ausüben“ – dieser Aussage stimmten acht von zehn Befragten zu! Mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer fühlt sich in familiärer Arbeitsatmosphäre wohler als in einem großen Konzern. Doch was sind die wesentlichen genannten Faktoren?
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Familiäre und freundliche Arbeitsatmosphäre: 76 % der Mitarbeiter
sind motivierter, wenn sie mit Kollegen und Chefs gut zurechtkommen. Ein
gutes Betriebsklima ist also ein wesentlicher Motivationsfaktor.
Unsere Empfehlung für Sie als Chef: Seien Sie Herr Ihrer Stimmungen (auch State Control genannt). Menschen als soziale Wesen verfügen über Spiegelneuronen, die unbewusst Stimmungen anderer auffangen, übernehmen und weiterverbreiten. Lassen Sie Ihre Launen draußen und lernen Sie, am Arbeitsplatz möglichst in dem emotionalen Zustand zu sein, der für gute Ergebnisse geeignet ist. Erkennen Sie Konflikte und Spannungen frühzeitig und sorgen Sie für Lösungen und/oder für Deeskalation. -
38 % gaben eine gesteigerte Motivation an, wenn sie kleine
Aufmerksamkeiten wie Blumen zum Geburtstag oder beispielsweise einen
Osterhasen zur rechten Zeit erhielten.
Unsere Empfehlung für Sie als Chef: Interessieren Sie sich für Ihre Mitarbeiter, sorgen Sie für solche Aufmerksamkeiten, wie Sie es wahrscheinlich schon längst für Ihre Kunden arrangieren. Klaus Kobjoll hat hier einmal postuliert, es gäbe die Qualität, die Kunden erwarten (hier: pünktliche Gehaltszahlung und Lohnabrechnung etc.), die Überraschungsqualität, also das, was Kunden nicht erwarten (hier: eben jener Blumenstrauß oder der Schokonikolaus) – und dann folgte als „Königsdisziplin“ das Erzeugen von Resonanz durch „heimliche Berührungen“ – natürlich im übertragenen Sinne – , das, was wirklich rührt, ohne jemandem zu nahe zu treten. Hier könnte es die Aufmerksamkeit zum Hochzeitstag sein, oder die aufmerksame Nachfrage nach einem Umstand, den man vorher bei gutem Zuhören sich gemerkt hat, die Rücksichtnahme auf besondere Situationen etc.
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Grünpflanzen heben die Stimmung. Immerhin 40 % arbeiten motivierter, wenn es lebendig grün um sie herum ist.
Unsere Empfehlung für Sie als Chef: Das liegt auf der Hand, begrünen Sie die Räume, und sorgen Sie dafür, dass die Pflanzen auch längerfristig gepflegt und ansehnlich aussehen. Ebenfalls 40 % legt Wert auf guten und kostenlosen Kaffee im Büro.
Unsere Empfehlung für Sie als Chef: Sorgen Sie für guten Kaffee und sparen Sie nicht am falschen Ende. -
Betriebliches Gesundheitsmanagement mit aktiven Bewegungs- und Gruppenangeboten motiviert 42 % der Befragten.
Unsere Empfehlung für Sie als Chef: Implementieren Sie BGM als integralen Bestandteil der Unternehmensstrategie und sorgen Sie für attraktive konkrete Angebote, die die Wünsche der Mitarbeiter berücksichtigen. Heute gibt es eine Vielzahl von Präventionsmaßnahmen, die von der Rentenversicherung für die Versicherten finanziert sind und Sie als Arbeitgeber kein Geld kosten (Quelle: Artikel im Personalmagazin 08/2016), auch reichlich Präventionskurse werden über die Krankenkassen angeboten. Und am besten gehen Sie als Führungskraft mit eigenem Vorbild voran! -
Viele Mitarbeiter arbeiten gerne und motiviert in Gruppen (43 %) und nicht alleine.
Unsere Empfehlung für Sie als Chef: Sorgen Sie für wechselnde Gruppenarbeiten durch eine gute Projektkultur und lebendige Teams. Dazu gehört bei den Führungskräften Wissen über Projektarbeit und Teambuilding. Doch zu viel schadet nur, es braucht auch individuelle Aufgaben, die jeder einzelne zu bewältigen hat. -
Auch die Ästhetik möchte berücksichtigt sein. 45 % der Befragten
arbeitet motivierter, wenn die Büroausstattung ansehnlich und einladend
ist.
Unsere Empfehlung für Sie als Chef: Sparen Sie nicht am falschen Fleck. Es braucht sicher keinen Luxus, doch geschmacklich ansprechend sollte es schon sein und von guter Qualität, auch das ist ein Zeichen von Wertschätzung. Am besten beziehen Sie die Mitarbeiter in Gestaltungsfragen mit ein, schließlich verbringen diese am Arbeitsplatz einen guten Teil ihrer Lebenszeit. -
Ebenfalls 45 % schätzen kostenlose Getränke am Arbeitsplatz.
Unsere Empfehlung für Sie als Chef: Sorgen Sie für Mineralwasser und vielleicht für den einen oder anderen Saft. In den Räumlichkeiten der NextHealth und der DP Healthgroup wird den Mitarbeitern darüber hinaus (fast) immer ein gefüllter Obstkorb in der Gemeinschaftsküche angeboten. -
Ein freundschaftlicher Kontakt zu Kollegen ist 49 % der Befragten
sehr wichtig. Dazu gehört auch, in der Freizeit Dinge miteinander zu
erleben (beispielsweise auch Sportgruppen, s.o.).
Unsere Empfehlung für Sie als Chef: Setzen Sie Ihr Team handverlesen zusammen und achten Sie auf eine gewisse Harmonie. Es muss nicht jeder jeden „lieben“, doch passen muss es schon. Es ist bitter, wenn man sich von einem an sich fachlich guten Mitarbeiter trennen muss, der ggf. einfach nicht zum Team passt und dadurch seine Fachlichkeit nicht ausleben kann. -
Für zwei Drittel der Mitarbeiter (64 %) sind flexible Arbeitszeiten wichtig und kein starrer 8-17 Uhr Job.
Unsere Empfehlung für Sie als Chef: Führen Sie Gleitzeit und Arbeitszeitkonten ein und schaffen Sie die Stechuhr ab. Führen Sie mehr nach Zielen und Zielerreichung als nach Anwesenheiten. Auch zu Hause oder unterwegs können – klare Regeln und genügend Präsenzzeiten vorausgesetzt – gute Ergebnisse erzielt werden!
Doch wir wollen den Dingen noch einmal insofern auf den Grund gehen, als dass am Ende das „Organ zwischen den Ohren“ entscheidend ist, mit wie viel Motivation sein Inhaber durchs Arbeitsleben schreitet. Zielgerichtetes Mitdenken und Kreativität zu fördern, nennt man auch „Supportive Leadership“ und wurde von Herrn Prof. Hüther im Interview (Quelle: Faktor A – Das Arbeitgebermagazin, Wie man Mitarbeiter motiviert, 14.06.2016) näher erläutert. Danach ist das Gehirn zum kreativen Problemlösen konzipiert und nicht zum Abarbeiten von Routinen. Es braucht also immer wieder neue Herausforderungen, um Wachheit und Aufmerksamkeit zu fördern. Hierbei spielen auch Gefühle, Begeisterung, Erregung und Wohlbefinden nach gemeisterten Herausforderungen eine Rolle. Belohnungen dieser Art und Ermutigung durch die Vorgesetzten wirken über das Ausschütten von Neurotransmittern wie „legale Drogen“. Warum suchen denn so viele in der Freizeit den ultimativen Kick oder die Verantwortung im heimischen Freitzeitclub, anstatt sich im Unternehmen mit Freude voll und ganz zu engagieren?
Ein sicheres Gegenmittel zu diesem freiwilligen Engagement im Unternehmen ist das Schüren von Angst, das Ausüben von übermäßigem Druck (die extrinsisch Motivierten brauchen oft ein wenig davon, um in Bewegung zu kommen …) oder gar das Bedrohen mit Strafen. Große Leistungen werden immer freiwillig erbracht, und die Frage ist nur, wie Sie den Rahmen und die Bedingungen schaffen können, unter denen Großartiges möglich wird.
Auf den Punkt gebracht sind dies die vier Regeln für „Supportive Leadership“:
- Schaffen Sie regelmäßig neue Herausforderungen – bei klaren Zielen.
- Vernetzen Sie Menschen und Know-how immer wieder neu, bilden Sie Projektgruppen, Teams oder arbeiten Sie mit berufs- und hierarchieübergreifenden Großgruppen (Quelle: Drauschke/Drauschke/Albrecht (Hrsg.): Changemanagement und Führung im Gesundheitswesen. medhochzwei Verlag, Heidelberg, 2016, Seite 170-190), wobei Disziplin, Vertrauen und Leidenschaft die treibenden Kräfte sind.
- Keine Angst in Unternehmen! Angst, wie sie oft durch sog. „Alphatiere“ als Chefs verbreitet wird, löst Notfallprogramme aus wie Angriff, Flucht oder Erstarrung. Damit werden Sie sicher kein Unternehmen erfolgreich machen.
- Loben, ermutigen, inspirieren Sie, hören Sie zu und zeigen Interesse und erkennen Sie das Beste im Anderen. Ermöglichen Sie den Erfolg Ihrer Mitarbeiter und sagen Sie ihnen nicht (oder nur im Notfall), was sie zu tun haben. Wer sich von Ihnen wirklich anerkannt fühlt, wird auch für Sie die „Extrameile“ gehen!
Dass Ihre eigenen (Wert)Haltungen und Glaubenssätze dazu passen müssen, sei noch erwähnt, wenn Sie auf diese Weise authentisch führen wollen ohne „aus Versehen“ zu demotivieren. Doch als Führungskraft wissen Sie, dass Selbstführung eine der wichtigsten Führungsdisziplinen ist, denn bekanntlich kann nur derjenige andere führen, der sich auch selbst führen kann. Vielleicht ist das ja einen Besuch beim nächsten Business-Retreat in Himmelpfort wert, bei dem es genau darum geht!
Pia Drauschke und Stefan Drauschke, im März 2017
Erschienen in: Klinik Markt inside, 02/2017 vom 30.01.2017, Seiten 11-13