Worauf es bei der Auswahl der „richtigen“ Mitarbeiter tatsächlich ankommt (Change-Brief Nr. 73)

Worauf es bei der Auswahl der „richtigen“ Mitarbeiter tatsächlich ankommt

In der Kolumne mit dem schönen Titel „Bleib hungrig, bleib verrückt,
sei besessen“ (siehe Seite 86) geht es darum, was für den Erfolg im
Leben als Führungskraft wirklich zählt. Hier wollen wir uns damit
befassen, wie Sie als Führungskraft erfolgreich werden, indem Sie sich
mit den „richtigen Mitarbeitern“ umgeben.

Jim Collins hat in seinem legendären Buch „Der Weg zu den Besten“ die
eingängige These „Erst wer, dann was“ aufgestellt. Gemeint ist, dass
erst, wenn Sie mit den richtigen Mitarbeitern die richtigen Strategien
entwerfen und umsetzen, dann werden Sie nachhaltig erfolgreich sein.

Jim Collins schaffte in seinem Buch eine dauerhafte und einprägsame
Metapher, indem er ein Unternehmen mit einem Bus und den CEO mit dem
Busfahrer vergleicht. Wenn Ihr Unternehmen sich im Stillstand befindet,
stellen Sie vielleicht die falschen Fragen. Collins betont, dass es
wichtig ist, ständig zu fragen: „Zuerst wer, dann was?“. Doch noch
einmal zurück zur Metapher:

Sie sind ein Busfahrer. Der Bus, Ihre Firma, steht still, und es ist
Ihre Aufgabe, ihn bzw. es in Gang zu bringen. Sie müssen entscheiden,
wohin Sie fahren, wie Sie dorthin kommen und wer mit an Bord kommt.

Die meisten Leute nehmen an, dass große und erfolgreiche Busfahrer
(sprich: CEOs) sogleich die Reise antreten, indem sie den Mitfahrenden
ankündigen, wohin es nun gehen soll, indem sie eine neue Richtung
einschlagen und eine neue Unternehmensvision beschreiben.

Doch die CEOs von Unternehmen, die dieses von gut zu großartig
entwickelten, begannen nicht mit „wohin“, sondern mit „wer“! Die erste
Aufgabe bestand darin, die richtigen Leute in den Bus zu bekommen, die
„falschen“ Leute aus dem Bus herauszubringen und die richtigen Leute in
den richtigen Sitzen zu platzieren.

Und sie bleiben bei dieser Disziplin – zuerst die Leute, dann die Richtung – egal wie gut oder wie schlimm die Umstände sind.

Eine andere bekannte amerikanische Führungspersönlichkeit hat auf
ihre Weise beschrieben, was für ihn die „richtigen“ Mitarbeiter waren.
Jack Welch war CEO von General Electric von April 1981 bis September
2001 und steigerte den Umsatz des zuvor angeschlagenen Konzerns General
Electric von 27 Milliarden US-Dollar im Jahr 1981 auf 130 Milliarden
US-Dollar im Jahr 2001, der Jahresgewinn versiebenfachte sich auf zirka
12,7 Milliarden US-Dollar; gleichzeitig verringerte sich die Anzahl der
weltweiten Mitarbeiter von 400.000 auf 300.000. 1999 wurde er vom
Wirtschaftsmagazin Fortune zum „Manager des Jahrhunderts“ gekürt. Jack
Welch schuf das „4E 1P Konzept“, das u. a. dafür da war, Mitarbeiter und
Führungskräfte zu bewerten und auszuwählen. Er beschrieb es persönlich
in einem Blog.

Die „vier E“ stehen für:

1.  Energy: Hohe persönliche Energie ist
wichtig. Und das ist schon daran erkennbar, mit welcher Geschwindigkeit
jemand den Korridor entlangläuft. Die sich meistens lethargisch bewegen,
sind wahrscheinlich auch sonst im „Niedrigenergiemodus“.

2.  Energize: Erhellen Sie die Stimmung eines Mitarbeiters? Oder fühlen sich Kollegen nach der Interaktion mit Ihnen schlecht?

3.  Edge: Sind Sie in der Lage,
schwierige Entscheidungen zu treffen, die Ja oder Nein bedeuten, ohne
Angst davor zu haben, nicht gemocht zu werden?

4.  Execution: Können Sie liefern? Werden
Dinge wirklich erledigt – ohne Ausreden und wenn und aber? Stehen Sie
für Ergebnisse und Resultate? Solche Menschen versprechen nichts leicht.
Sobald dies jedoch der Fall ist, weiß das oberste Management oder der
Vorstand, dass „es“ im Grunde als erledigt betrachtet werden kann!

5. Passion – die Leidenschaft – steht für
das „P“. Ein Mitarbeiter oder eine Führungskraft, der/die
leidenschaftlich für seine/ihre Jobziele kämpft, verfügt normalerweise
auch über die ersten drei E´s und muss sich noch auf das Ausführen
konzentrieren. Leidenschaft hält die 4 E´s zusammen und ist für Welch
das Merkmal für die Top 20 Prozent  Performer im Unternehmen. Und auch
seine Personalauswahl hat er mehr und mehr nach dem 4E 1P Konzept
ausgerichtet.

Auch Steve Jobs von Apple achtete bei allen Bewerbern auf eine
bestimmte Eigenschaft, nämlich die Leidenschaft. Er berichtete
seinerzeit in einem Interview, wie er zwei „professionelle“ Manager
eingestellt, aber sehr schnell wieder gefeuert hatte und danach nie
wieder primär auf Erfahrung als Qualifikation setzte. Stattdessen holte
Jobs aus einer anderen Abteilung die 32-jährige Debi Coleman, die einen
Abschluss in englischer Literatur und keinerlei Management-Erfahrung
hatte. Sie arbeitete zunächst als Fertigungschefin und stieg dann mit
nur 35 Jahren zu Apples Finanzvorstand auf. „Leidenschaft unterschied
sie von den „erfahrenen“ Managern“, sagte Jobs. „Echte Leidenschaft für
Technologie und alles, was man damit machen kann.“ Im
Vorstellungsgespräch wurde Bewerbern ein Mac-Prototyp gezeigt. Begannen
ihre Augen zu leuchten oder wurde ihre Begeisterung auf eine andere Art
spürbar, bekamen sie den Job. Sonst nicht. Und obwohl Steve Jobs
bekanntermaßen nicht mehr lebt, ist die Kultur noch immer maßgeblich von
seinen Visionen und Gedanken geprägt.

Nun mögen Sie sagen, was haben die ganzen amerikanischen Firmenchefs
mit uns hier in deutschen Gesundheitsunternehmen zu tun? An sich gar
nichts, doch das Prinzip dahinter halten wir für sehr wohl übertragbar.
Wir möchten das mit einer weiteren deutschen Geschichte abrunden. Es
geht um Orangen.

Ein Mitarbeiter hoffte auf die Beförderung, nachdem er lange fleißig
gearbeitet und auffallend lange im Büro geblieben ist. Er ging zu seiner
Chefin und – bekam einen Korb und wurde nicht bei der Auswahl eines
neuen Abteilungsleiters berücksichtigt. Zuvor war folgendes geschehen:
Seine Chefin hatte ihn um einen Gefallen gebeten. Sie und Ihr Mann und
Partner arrangierten gerade das 8. Sommernetzwerktreffen, zu dem
freundliche und wohlgesonnene Menschen aus allen Lebensbereichen
eingeladen waren. Viele freuten sich schon seit einem Jahr auf die
Feier, die bekannt dafür war, locker und entspannt und gleichzeitig
anregend durch die Vielzahl unterschiedlicher interessanter Gäste zu
sein. Sie bat ihn darum, Orangen für das Fest zu besorgen. Gesagt –
getan. Er war losgegangen und kam bald froh, die Aufgabe erledigt zu
haben, zurück mit einem großen Netz voller Orangen aus dem nächsten
Supermarkt.

Nun stand er da und war ganz erbost, dass gerade er bei der
Beförderung übergangen worden war. Sie dachte innerlich schmunzelnd
daran, wie der von ihr auserwählte Kandidat bei der Erledigung derselben
Aufgabe vorgegangen war. Dieser freute sich mit strahlenden Augen, dass
er einen Beitrag zu dem schönen Fest leisten durfte und stellte die
Frage, wofür sie die Orangen bräuchte. Sie antwortete, die Gäste mit
frisch gepresstem Saft überraschen zu wollen und er machte sich auf den
Weg. Nach einiger Zeit kehrte er mit vier Holzkisten voller Orangen
zurück. Von ihrem Mann wusste sie, dass er ihn von unterwegs angerufen
hatte, nachdem er im Supermarkt angekommen war und nachfragte, wie viele
Gäste eigentlich erwartet würden. Mit dieser Information wandte er sich
am Obststand an eine Verkäuferin, die ihm vorrechnete, wie viele
Orangen man bräuchte, um ein Glas Saft pro Person zu erhalten. Außerdem
riet sie ihm zu einer bestimmten Sorte, die sehr ergiebig und deren Saft
besonders schmackhaft war. Als er hörte, wie viele Orangen notwendig
wären, handelte er noch einen Discount von 10 Prozent heraus und brachte
von der freundlichen Verkäuferin den Tipp mit, den Saft mit etwas
Ingwer zu versetzen, weil dies eine besonders würzige Note zusammen mit
der Süße der Frucht ergeben würde.

Das Fest war wie immer ein voller Erfolg und der junge Mann konnte
als Gast den etwas würzig-exotischen Saft selbst genießen. Das besondere
Rezept machte die Runde unter den Gästen – und wen von beiden hätten
Sie in Ihrem Unternehmen befördert?

Jetzt wissen Sie, wofür wir Jahr für Jahr unser Sommerfest am Tegeler
See veranstalten. Wenn Sie darauf achten, im Rahmen Ihrer Möglichkeiten
mehr von den „richtigen“ Leuten in Ihrem „Bus“ zu haben, dann wird es
auch für Sie leichter werden, die am besten sogar gemeinsam gesetzten
Ziele zu erreichen.