Gelungener Turn-Around am Beispiel der Bezirkskliniken Mittelfranken

Gelungener Turn-Around am Beispiel der Bezirkskliniken Mittelfranken

Die Bezirkskliniken Mittelfranken sind eines der größten Klinikunternehmen der Region und stehen für ein qualitativ hochwertiges Versorgungsspektrum in den Bereichen Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Neurologie sowie der Neurologischen und Geriatrischen Rehabilitation. In neun Kliniken an den Standorten Ansbach, Erlangen und Engelthal sowie zwei Heimen kümmern sich rund 3.000 Beschäftigte pro Jahr um rund 19.000 teilstationäre und stationäre sowie etwa 26.000 ambulante Patienten. Insgesamt stehen zirka 1.700 Betten und Behandlungsplätze zur Verfügung und erwirtschaften einen Jahresumsatz von rund 160 Millionen Euro.

Ausgangslage als Sanierungsfall

Seit 2005 arbeiteten die Bezirkskliniken Mittelfranken daran, ihre drei großen Standorte besser zu einem Gesamtunternehmen zu integrieren. Doch ein echtes Zusammenwachsen hatte nicht stattgefunden: Der neuen Zentrale in Ansbach begegneten die anderen Standorte mit Misstrauen und offenem Widerstand. Erschwerend kam hinzu, dass Anfang 2012 bekannt wurde, dass das Unternehmen für 2011 statt eines prognostizierten Gewinns von 1,7 Mio. Euro einen Verlust von über 3,7 Mio. Euro hinzunehmen hat. Verunsicherung und Vertrauensverlust in die Führung machten sich breit, der Change-Prozess war gescheitert.

Zunächst beschloss der Verwaltungsrat 2012 die personelle Neubesetzung der Vorstandsposition und eine ausführliche, strukturierte Bestandsaufnahme zu den Ursachen des ausgewiesenen Defizits. Im Ergebnis war festzustellen, dass sich ohne Leistungswachstum und gegen den Trend der Personalstand deutlich erhöht hatte ebenso wie die Kosten für Material und Energie. Es fehlten effiziente Planungs- und Controlling-Instrumente und darauf abgestimmte Entscheidungsprozesse. Konflikte und Probleme wurden zu wenig direkt angesprochen oder nicht angegangen und es mangelte an ausreichender direkter Kommunikation im Unternehmen.

Dem Verwaltungsrat wurde durch den neuen Vorstand Anfang 2013 ein Zukunftskonzept vorgestellt, aus dessen strategischen Eckpunkten in Folge eine umfassende Unternehmensstrategie für die nächsten Jahre zu entwickeln war.

Mit dem Widerstand gehen

Wenn Veränderungen oder große Umstrukturierungen anstehen, ist immer mit Widerstand zu rechnen. Viele bezweifelten, dass es unter der neuen Führung wirklich anders werden würde. Hinzu kam die Verunsicherung, was die Zukunft bringen wird: Müssen Bereiche geschlossen werden? Werden Mitarbeiter entlassen? Wird sich die Personalsituation weiter verschärfen?

Bei manchen Führungskräften zeigte sich mehr oder weniger offener Widerstand gegen die Restrukturierung. Gelang es nicht, diese für den Change-Prozess zu gewinnen, waren kurzfristige Trennungen unvermeidbar. Misstrauen und Vorbehalte gegenüber dem einschneidenden Restrukturierungsprozess blieben teilweise noch immer präsent. Doch Widerstand ist auch Energie, die für den Change-Prozess nutzbar sein kann und Einwände enthalten wichtige Informationen, die es sich lohnt zu berücksichtigen.

Strategie als attraktives Zukunftskonstrukt

Eine gute und klare Strategie stellt ein durch die Führungskräfte und Mitarbeiter mitentwickeltes attraktives Zukunftskonstrukt dar, vergleichbar mit einem virtuell im Rechner begehbaren Neubau im Planungsstadium. Auf der Basis des Zukunftskonzeptes begann Anfang 2013 die Phase der Entwicklung und Ausarbeitung der Unternehmensstrategie „Bezirkskliniken Mittelfranken 2017“ gemeinsam mit den Führungskräften und einer Vielzahl von Mitarbeitern. Es geht im Kern um die Optimierung der medizinstrategischen Ausrichtung, um Strukturmaßnahmen und um gezielte Investitionen neben der kurzfristigen Realisierung dauerhafter Einsparungen in den wesentlichen Kostenblöcken

stimmiges Gesamtkonzept

Vision und Ziele definieren

Die Vision für 2017 lautet „Wir sind das Gesundheitsunternehmen für die psychiatrisch-psychosomatische und neurorehabilitative Versorgung und damit attraktiv für Patienten, Zuweiser und Mitarbeiter. Wir stehen mit hoher Wirtschaftlichkeit und gesellschaftlicher Verantwortung für eine innovative Versorgungsqualität.“ Die sich daran anknüpfenden elf „smarten“ Unternehmensziele gliedern sich in die fünf Bereiche:

  • Markt und Leistung,
  • Mitarbeiter und Motivation,
  • Wirtschaftlichkeit und Qualität,
  • Organisationsstruktur sowie
  • Prozesse und Management.

Die Strategie mit Ihren Zielen ist von allen Führungskräften als Zeichen des persönlichen Einverständnisses unterzeichnet worden.

Jedes der über 40 definierten Umsetzungsprojekte ist den Zielen einerseits und Handlungsfelder andererseits zugeordnet und der Ergebnisbeitrag wird regelmäßig gemessen.

Projektlandschaft Handlungsfelder

Die Gesamtstrategie wurde nach dem symbolischen Konsens durch die Führungskräfte auf einer Strategiekonferenz in den Standorten kommuniziert und Beiträge für die Umsetzung eines Jeden im Unternehmen gefördert.

Das Geheimrezept: Transparenz, Konsequenz und Mitwirkung

Transparenz, Konsequenz und Mitwirkung sind für uns im gesamten Changemanagement-Prozess die begleitenden, drei übergeordneten Prinzipien für nachhaltig wirksame Veränderungen.

Transparenz heißt, Zahlen, Daten und Fakten sowie Leistungsunterschiede schonungslos offenzulegen. So erhielten alle Führungskräfte als Sofortmaßnahme umgehend Zugang zu Belegungszahlen, Finanzberichten und Statistiken. Auf Mitarbeiterversammlungen wurde der Belegschaft die Dringlichkeit von Veränderungen vermittelt und an welchen Stellschrauben gedreht werden muss, um den Turn-around möglichst schnell zu schaffen. Dies wirkte der Vertrauenskrise und der Verunsicherung entgegen.

Strategiekonferenzen und Workshops

Die Gelegenheit für aktive Mitwirkung im Strategieprozess boten 2013 acht Strategiekonferenzen und Workshops mit 20 bis 80 Führungskräften, die von externen Dienstleistern organisiert, moderiert und mit Inhalten gefüllt wurde. Ein Höhepunkt der Strategieentwicklung mit breiter Partizipation war im Sommer 2013 eine eintägige Strategiekonferenz mit über 400 Beschäftigen nach dem Open Space Format. Ziel der Konferenz war es, die Unternehmensziele direkt zu übermitteln und Gelegenheit zu bieten, Ideen und Anregungen für den Veränderungsprozess einzubringen. Über 500 Maßnahmenvorschläge wurden anschließend dahingehend bewertet, ob diese direkt in ein bestehendes oder geplantes Projekt einfließen, sofort umgesetzt, in einem „Themenspeicher“ zwischengelagert oder komplett verworfen werden.

Rückmeldung und Zielüberprüfung

Wesentlich war die Rückkopplung zu den Teilnehmern, was mit ihren Ideen geschah. Feedbackschleifen gehören zu den wesentlichen Instrumenten im durch die Mitarbeiter getragenen Veränderungsprozess.

Um konsequent handeln zu können verfügt das Unternehmen über ein aktuelles Kennzahlensystem, das jeder Abteilung und jeder Führungskraft zeigt, wo sie sich auf dem Weg zur Unternehmensgesundung mit ihren relevanten Daten befindet. Zielerreichung wird erkannt und honoriert, Zielverfehlung führt zur Ansage von handlungsrelevanten Kursänderungen mit erhöhter Aufmerksamkeit des Vorstandes für die neuen, angestrebten Ergebnisse.

fortlaufender Strategieprozess

Erfolgsfaktor: Gute Führung

Bereits 2013 wurde ein strategisches Projektmanagement etabliert und im Januar 2014 eine neue Organisationsstruktur mit flachen Hierarchien umgesetzt. Gemeinsame Zielvorgaben und eine transparente Matrixorganisation erleichterten die Übernahme klarer, dezentraler Verantwortlichkeiten durch die Führungskräfte und das Ergreifen der notwendigen Maßnahmen für die Zielerreichung. Der Vorstand führt heute einen überschaubaren Stab an Mitarbeitern. Entscheidungen können schneller getroffen und umgesetzt werden und es bleibt genügend Spielraum, um sich auf strategische Themen zu fokussieren.

Die Verlagerung von Entscheidungskompetenz verlangt mehr professionelle Führungskompetenz in der Breite des Unternehmens. Nachdem 2014 gemeinsam Unternehmenswerte, eine Führungsleitlinie und ein spezifisches Kompetenzmodell mit Kompetenzprofilen entwickelt worden sind, wird 2015 eine umfassende Führungsqualifizierungsoffensive gestartet.

Fazit

Knapp zwei Jahre nach Beginn der Krise der Bezirkskliniken Mittelfranken ist zu bemerken, dass sich das Unternehmen auf dem richtigen Weg befindet und der Strategieprozess erste Früchte trägt. Das für das Jahr 2013 ursprünglich geplante Defizit wurde signifikant unterschritten und für 2014 kann nach aktueller Entwicklung bereits ein positives Ergebnis prognostiziert werden. Nun gilt es, nach der erwarteten Gesundung weiterhin gesund voranzukommen und die attraktiven Ziele 2017 gemeinsam mit den Beschäftigten auch tatsächlich zu erreichen.

Autoren:
Dipl. Vw. Pia Drauschke, Dr. med. Stefan Drauschke, Helmut Nawratil (Vorstand Bezirkskliniken Mittelfranken), Hartmut Ponßen (Vorstand GÖK Consulting AG)
(KU Gesundheitsmanagement, Dezember 2014, Seiten 41-43, Website der KU) Für weiterführende Informationen steht Ihnen Herr Dr. Stefan Drauschke gern zur Verfügung: Tel.: +49 (0)176 100 24 220; E-Mail: stefan.drauschke@nexthealth.de