Wie sich „gute“ Unternehmenskultur auszahlt

Attraktiver Arbeitgeber zu sein mit einer „guten“ Unternehmenskultur ist im Kontext mit dem „war for talents“, dem Führen der unterschiedlichen Generationen und dem Haltenwollen der richtigen Mitarbeiter in aller Munde. Was eine gute Kultur ist, darüber wurde viel geschrieben und manchen zahlenaffinen Geschäftsführern ist das Befassen mit diesen „weichen“ Faktoren ohnehin keine Lieblingsbeschäftigung. Doch es gibt interessante Zusammenhänge zwischen der Unternehmenskultur und den „harten“ Unternehmenskennzahlen, auf die wir noch zu sprechen kommen.

Zunächst ist Unternehmenskultur ein soziales Konstrukt, das durch das Zusammenwirken der Menschen im Unternehmen entsteht und in den unterschiedlichen Facetten wahrgenommen werden kann. Edgar Schein hat mit seinem Modell zur Unternehmenskultur einen Meilenstein gesetzt, weil er Kultur anschaulich beschrieben hat.

Abb. 1: Unternehmenkultur nach Edgar Schein; Quelle: Drauschke/Drauschke/Albrecht (Hrsg.): Changemanagement und Führung im Gesundheitswesen. medhochzwei Verlag, Heidelberg, 2016

Er zerlegt den in der Tat wenig fassbaren Kulturbegriff wie weißes Licht durch ein Prisma in drei Bestandteile oder Ebenen, von denen die oberste aus den wahrnehmbaren Elementen der Kultur besteht – also dem, was man hören, sehen und fühlen kann. Die beiden Ebenen darunter sind eher unsichtbar und im kollektiven Unterbewusstsein der Organisation verborgen, und dabei sind es die wesentlichen Kultur erzeugenden Ebenen. Auf der mittleren befinden sich die wahren Werte der Organisation – also das, was im Unternehmen wirklich wichtig und bedeutsam ist. Gehen Sie davon aus, dass in den in Hochglanzpapier gedruckten Leitbildern nur die erwünschten und sozialkonformen Anteile der Werte abgebildet sind, während weitere entweder unbewusst bleiben oder im Verborgenen wirken. Auf der basalen Ebene finden sich die eigentlichen Kulturgeneratoren, nämlich die Glaubenssätze, Überzeugungen und Motti, die gerade neue Führungskräfte oder Mitarbeiter ganz direkt zu spüren bekommen, solange bis sie sich mehr oder weniger angepasst haben oder als Teil des Systems selbst die eine oder andere Veränderung bewirken konnten. Hier wird schon erkennbar, dass ein ggf. anstehender Kulturwandel ein „dickes Brett“ ist, was mit viel Beharrlichkeit zu bohren wäre. Und natürlich gilt gerade hier, dass der Fisch am Kopf zu wachsen beginnt: Nichts geht über Führung durch Vorbild!

Häufig genug werden unternehmenskulturelle Themen an die Personalabteilung delegiert. Dr. Nico Rose, Spezialist für Human Resources, hat vor kurzem in einem Aufsatz die Rolle der HR-Abteilungen in Unternehmen kritisch beleuchtet und eine interessante Studie vorgestellt, die den Zusammenhang zwischen Kultur und Performance beleuchtet (Quelle). Oft sehen sich die Personaler dem Vorwurf ausgesetzt, nicht strategisch genug zu agieren. Tatsächlich gibt es Aspekte der Personalarbeit, die eher verwaltungstechnischer Natur sind, beispielsweise die Gehaltsabrechnung oder das Vertragsmanagement. Diese Leistungen werden zumeist kaum registriert, doch für die empfundene Wertschätzung bei den Mitarbeitern ist es eminent wichtig, dass die Abrechnungen stimmen und transparent sind und Verträge oder Vertragsänderungen zeitnah nach der Verabredung mit dem Chef auf dem Tisch liegen. Über aktive Personalarbeit und Personalentwicklungsprogramme sind die Personaler darüber hinaus auch ganz nah an den zentralen, Kultur bildenden und beeinflussenden Maßnahmen, die allerdings nur dann wirken, wenn die Geschäftsführung voll und ganz dahinter steht (s.o.). Gute Argumente für solche Maßnahmen liefern verschiedene Studien, die den Zusammenhang zwischen Unternehmenskultur und harten Unternehmenskennzahlen aufzeigen. Jüngst konnte Alex Edmans, Professor für Finanzmarktforschung an der London Business School und ehemaliger Investment-Banker, den Einfluss von immateriellen Vermögenswerten eines Unternehmens auf die Performance am Kapitalmarkt nachweisen (Quelle). Zu den betrachteten immateriellen Werten zählte er u.a. Know-How mit Patenten, Marken und eben auch die Unternehmenskultur und die Mitarbeiterzufriedenheit. Die Belegschaften beantworteten systematisch Fragen wie z.B., ob der Arbeitgeber glaubwürdig agiert, Mitarbeiter unabhängig von Geschlecht, Herkunft etc. gleich behandelt werden, faire Bezahlung und attraktive Entwicklungspfade bietet sowie eine Kultur des Stolzes und Zugehörigkeit schafft. Im Ergebnis schlägt die Gruppe der besonders mitarbeiterfreundlichen Unternehmen ihre Wettbewerber am Kapitalmarkt Jahr für Jahr um bis zu 3,8 Prozentpunkte! Der Aufbau der Studie und die gefundenen kausalen Zusammenhänge konnten darüber hinaus nachweisen, dass die verbesserte Performance eine Folge der guten Unternehmenskultur war und kein zufälliges Zusammentreffen im Sinne mancher Einwände wie „erfolgreiche Unternehmen können sich eben eine bessere Kultur leisten“. Erst kommt die Kulturarbeit, dann die außergewöhnliche Performance. Und es dauert eben seine Zeit, bis manche Maßnahmen ihre Wirkung entfaltet haben.

Abb. 2: Führungsstil und Krankenstand korrelieren, Quelle: Drauschke/Drauschke/Albrecht (Hrsg.): Changemanagement und Führung im Gesundheitswesen. medhochzwei Verlag, Heidelberg, 2016

In unserem neuen Buch zum Thema Führung und Changemanagement (Drauschke/Drauschke/Albrecht (Hrsg.): Changemanagement und Führung im Gesundheitswesen) gehen wir auf diese Zusammenhänge intensiv ein und nennen für diejenigen von Ihnen, die noch mehr Argumente suchen, noch zahlreiche weitere Studien zum Thema Unternehmenskultur und harte Kennzahlen. Für manche von Ihnen ist es ergänzend dazu hilfreich zu erkennen, welche Folgen schlechte Kultur mit sich bringt – und was das mit dem Thema Führung zu tun hat. Für die Führungskräfte unter Ihnen ist die nachfolgend beschriebene Studie sicher interessant. Danach gibt es einen signifikanten Zusammenhang zwischen Führungsstil und Fehlzeiten. Mangelnde Führung im Sinne von Laissez faire führt dabei zu den häufigsten Fehlzeiten. Menschen wollen geführt werden, und zwar am liebsten mit Optimismus, Inspiration, Wertschätzung und Partizipation, wie es der sog. transformationale Führungsstil bestens beschreibt.

Das wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) hat im Fehlzeiten-Report 2016 klar nachgewiesen, dass eine schlechte Unternehmenskultur mit einem deutlich höheren gesundheitlichen Risiko für Mitarbeiter einhergeht – und mit mehr Fehlzeiten. Demnach ist unter den rund 2.000 befragten Beschäftigten jeder Vierte, der seine Unternehmenskultur als schlecht bewertet, auch mit der eigenen Gesundheit unzufrieden. Bei den Befragten, die ihr Unternehmen positiv sehen, war es nur jeder Zehnte. „Es gibt einen klaren Zusammenhang zwischen der Art und Weise, wie Beschäftigte ihre Arbeit erleben, und ihrer Gesundheit“, sagte der stellvertretende WIdO-Geschäftsführer und Mitherausgeber des Reports, Helmut Schröder. Jedes Unternehmen, egal welcher Branche, solle dieses Wissen nutzen. Besonders wichtig sei Arbeitnehmern der Umfrage zufolge, dass ihr Arbeitgeber hinter ihnen stehe (78 Prozent) und dass er sie für gute Arbeit lobe (69 Prozent). Doch nur für rund die Hälfte der Beschäftigten sei dieser Wunsch auch Wirklichkeit. Die Beschäftigten zwischen 16 und 65 Jahren wurden zu Führungsstil, Lohngerechtigkeit oder Mitarbeiterorientierung in ihrem Unternehmen befragt. Bei einer schlecht bewerteten Unternehmenskultur fehlte im vergangenen Jahr fast jeder Dritte (31 Prozent) mehr als zwei Wochen im Betrieb. In der Gruppe derer, die ihre Unternehmenskultur positiv erleben, war dies nur jeder Sechste (16,9 Prozent) (Quelle).

Vielleicht motiviert Sie die Lektüre dieses Beitrags, Ihren eigenen Führungsstil und die Unternehmenskultur in Ihrem Unternehmen oder Bereich kritisch zu reflektieren. Ein nützlicher Grundsatz ist, dass dann, wenn Ihnen etwas begegnet, das Ihnen nicht gefällt, Sie zunächst nach dem eigenen Anteil daran schauen, bevor Sie andere verantwortlich machen. Und nun lassen Sie Ihre Erkenntnisse zum Gegenstand kulturrelevanter Maßnahmen im System und bei sich selbst werden, denn es gibt nichts Gutes außer man tut es!

Pia Drauschke und Stefan Drauschke, Berlin im November 2016

Erschienen in: Klinik Markt inside, 18/2016 vom 26.10.2016, Seiten 12-14